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Hin und weg: Der Exodus von Industrieunternehmen

Dr. Clemens Weick

von Dr. Clemens Weick

Dr. Clemens Weick ist Geschäftsführer und Gründer der Dr. Weick Executive Search GmbH. Sein umfassendes Know-how resultiert aus über 20 Jahren Erfahrung in der Personalberatung.


BASF zieht nach China. Nicht ganz, aber immerhin mit fast 50% ihrer Investitionen in den nächsten 3 Jahren. Das sind 15 Mrd. Euro sagt Markus Kamieth, Vorstand der BASF SE, weil er der Überzeugung ist, dass 2030 70% des globalen Chemiemarktes in China stattfinden wird.

Damit investiert er in einem Land mit höchsten Internetgeschwindigkeiten (Deutschland erntet mit Platz 52 weltweit ein müdes Lächeln), in ein Land, das in der Zeit, in der in Deutschland eine Brücke saniert wird, 50 funktionierende Flughäfen baut und aktuell 45 Atomkraftwerke in Planung hat, während sich Deutschland die Frage stellt, ob es dem Weltklima schadet, wenn man ein „Holzöfele“ im Wohnzimmer stehen hat. Dass China und andere Emerging Markets nicht die heile Welt sind, ist jedem Menschen der westlichen Welt klar. Diktatoren, der Wert von Menschen, Stundenlöhne, Arbeitsbedingungen, Umweltschäden, Energiekosten passen nicht in das Raster der westlichen Welt. Da fliegt schon mal eine grüne deutsche Außenministerin mit erhobenem Zeigefinger (in der anderen Hand häufig einen großzügigen Scheck, der nicht aus einem Vermögen, sondern aus einem Sondervermögen - so das neue Wort für Schulden - stammt) durch die Welt und beklagt die miesen Zustände dort, öfters leicht verspätet, da der Regierungsflieger technische Mängel hat. Ob es ein A350 sein muss oder nicht ein 10-sitziger Learjet ökologisch sinnvoller wäre, sei dahingestellt. 

Die viel wichtigere volkswirtschaftliche Frage ist eher, ob Deutschland mit seinen komfortablen Arbeitsbedingungen, seiner grünen bzw. ökologisch weißen Weste und seinem preußischen Bürokratieapparat überhaupt die Position global hat, global gefragt zu sein. Deutschland glänzt international momentan eher mit einer Einwanderungspolitik, die viele Menschen begrüßt, die nicht arbeiten (dürfen) und vom Wohlstand profitieren, den andere generierten: Von der Kita über das Schulsystem und staatliche Förderungen bis hin zum Gesundheitssystem. Dabei sind doch viele Stellen in den Werken, in den Kliniken, in den Pflegeeinrichtungen, in der Gastronomie u.v.m. nicht besetzt. Arbeitswillige Menschen, gerne auch Hochqualifizierte, aus anderen Ländern gezielt für einen Arbeitsplatz in Deutschland zu begeistern, wäre das Gebot der Stunde. Diese arbeiten an ihrem und unserem wirtschaftlichen Erfolg mit und leisten so auch ihren Beitrag zu unserem gemeinschaftlichen, sozialen System.

Es ist schön, Bienenvölker zu retten, Bannwälder dem Borkenkäfer zu überlassen, Plastikstrohhalme zu verbieten, arglos E-Autos an sonnenarmen Feigenblatt-Tagen mit Braunkohle oder ausländischem Atomstrom zu tanken, nur 4 Tage in der Woche zu arbeiten. Aber unserem Wirtschaftsstandort nutzt dies wenig. 

Natürlich, auch wir müssen Arbeitsplätze im Ausland schaffen und dort investieren, um unter anderem zu Hause den Standort zu sichern. Aber mit jedem Euro, den deutsche Unternehmen nicht in Deutschland investieren, mit jedem Arbeitsplatz, den wir im Ausland schaffen, erhöhen wir ebenso Abhängigkeiten. Auch von Diktatoren, die einem immer unwichtiger werdenden Geschäftspartner Deutschland jederzeit die Lieferkette abschneiden können. Wie wichtig kleine Bausteine in Lieferketten sind, haben wir doch gerade schmerzhaft erfahren. Nicht nur Klopapier, Getreide, Energie und Dünger werden dann knapp, sondern Komponenten für die Energieversorgung, die Krankenhausinfrastruktur, Medikamentenentwicklung oder grundlegende IT-Systeme.

Wenn 2030 wirklich 70% des Chemiemarktes in China spielt (ähnlich wird es im Pharma-, Automotive-, Halbleiter-, Telekommunikations- oder Rohstoffmarkt sein), wird Deutschland global kaum mehr eine Rolle spielen – übrigens dann auch ohne die Power, Maßnahmen zur Weltrettung zu finanzieren. 

Wenn Industriegiganten oder ganze Branchen das Land verlassen, fehlen nicht nur hier deren Investitionen und die damit verbundenen Arbeitsplätze, die Absatzchancen für Lieferanten, die Tätigkeitsfelder für Handwerker oder Steuereinnahmen. Gerade der Automotive-Markt zeigt, wie stark mittelständische Technologieunternehmen von den Daimlers, VWs und Boschs abhängig sind. Haben diese erst mal ihre Wertschöpfung nach China verlagert oder gar ihre Marktstellung an BYD, Geely oder Nio verloren, verblassen die Sterne Made in Germany schnell. Während das Straßenbild in Chinas Metropolen noch vor einigen Jahren von deutschen Marken geprägt war, rollen heute vorwiegend lokale E-Marken stolz durch die Straßen. Und diese Marken wurden größtenteils ohne westliche Komponenten gebaut und der Strom kommt im Land des Lächelns aus riesigen Kohlekraftwerken. Aus der Perspektive eines kleinen Technologielandes im Westen heißt dies: Markt verloren, Wirtschaftskraft verkleinert, technologisch abgehängt, lieferantenseitig vollends abhängig, weltklimatisch unbedeutend, aber pädagogisch super ambitioniert. 

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